Schaufenster der Krise

Politische Reportage aus Gabun vom Afrika-Cup, dem größten Sportereignis Afrikas

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Es ist frostig in diesen Wochen in Madrid, als würde das Wetter einen Vorgeschmack geben auf diesen Prozess, der heute in der unscheinbaren Calle Julian Camarillo beginnt. Inmitten gesichtsloser Bürohäuser steht das Gerichtsgebäude Juzgado Penal Nº 5. Dort kommt es zu einem Prozess, auf den die Sportwelt seit fast sieben Jahren wartet. Ein Prozess in einem Dopingskandal, der als der größte der Sportgeschichte bezeichnet wird – und der am Ende doch nicht viel hergeben könnte.

Im Mai 2006 deckte die spanische Polizei Guardia Civil durch die Operación Puerto ein Dopingnetzwerk auf, fand Blutbeutel, EPO, Wachstumshormone, Steroide. Doktor Eufemiano Fuentes, eigentlich Frauenarzt, soll damit weltweit mehr als 200 Spitzensportler gedopt haben. Bekannt sind bisher aber nur an die 60 Radsportler.

Eduardo Esteban ist der zuständige Oberstaatsanwalt für das Verfahren gegen Fuentes. Angeklagt sind auch seine Schwester Yolanda sowie Manolo Saiz und José Labarta, die früheren Chefs der Radsportteams Liberty Seguros und Comunidad Valencia. So kurz vor dem Prozess möchte Esteban eigentlich nicht mehr viel sagen. Und sagt dann doch scherzhaft, dass man zunächst einmal vom Prozess erwarten könne, “dass er jetzt endlich beginnt, nach knapp sieben Jahren. Die spanische Justiz ist nicht schnell, aber so lange hätte es natürlich nicht unbedingt dauern müssen.”

Weil es in Spanien kein Anti-Doping-Gesetz gab, wurde das Verfahren immer wieder eingestellt. Angeklagt sind die vier jetzt wegen der Gefährdung der öffentlichen Gesundheit. Die Staatsanwaltschaft stellt vor allem die Hygiene bei den Bluttransfusionen in Frage – eher ein juristischer Notbehelf: “Es geht hier nicht um die Sauberkeit des spanischen Sports oder des Sports generell”, sagt Esteban. “Die müssen schon andere untersuchen, der Sport selbst oder die Medien, nicht aber die Justiz.”

“Radsport nicht der einzige Sport, in dem gedopt wird”

Aber das wird sehr schwer werden, denn in den 7700 Seiten der Operación Puerto werden offensichtlich nur Radsportler als Kunden von Fuentes genannt, auch wenn es seit 2006 Hinweise auf andere Sportarten gibt. Er glaube, so Esteban, dass die Guardia Civil alle Beweise, die sie hatte, ins Verfahren eingebracht hat. “Und sie sagt ja auch nicht, dass es keine anderen Sportler bei Fuentes gab. In ihrem Bericht stehen aber eben nur die, die sie eindeutig identifizieren konnte, Radsportler eben. Und ich weiß nicht, ob es auch andere Kunden gab.”

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Wie ein glühender Pilz leuchtet die Minsk-Arena bei Nacht, strahlt die hochmoderne Allzweckhalle über all die Sowjetbauten der weißrussischen Hauptstadt. Das Aushängeschild der Stadt, Dynamo Minsk, spielt hier vor 15.000 Zuschauern – Eishockey wohlgemerkt, kein Fußball. Denn Eishockey ist Volkssport in Weißrussland, verordnet vom autoritären Präsidenten Alexander Lukaschenko. 2014 wird in der Minsk-Arena die Eishockey-WM eröffnet. Und schon am Mittwoch (20.02.2013) beginnt nebenan, im neuen Velodrom die Bahnrad-WM.

Und weil Politik und Sport in Weißrussland immer eins sind, sagt der Präsident des Eishockeyverbands, Evgeni Vorsin, der lange Sportminister des Landes war, auch Sätze wie diese: “Unser Land steht der ganzen Welt offen. Jeder, der zur WM kommt, wird einen eigenen Eindruck unseres Landes bekommen, eines friedlichen, demokratischen und freien Landes.”

Wie frei genau, war kürzlich nach einem Eishockeymatch zu erkennen: Auf die Frage, welche politischen Auswirkungen die WM für Weißrussland haben könnte, kann der Spieler von Dynamo Minsk gar nicht antworten, weil der Pressesprecher direkt einschreitet und betont, man würde hier nicht über Politik reden. Dabei hängen Sport und Politik in Weißrussland unmittelbar zusammen.

Das Land wird oft als “Europas letzte Diktatur” bezeichnet. Demonstranten werden geschlagen, festgenommen, gefoltert. Seit 1994 herrscht Präsident Lukaschenko. Er spielt selbst einmal in der Woche Eishockey. Seit seiner Amtsübernahme gab es an die 400 Hinrichtungen. Schon alleine deshalb sollten internationale Sportgroßereignisse wie jetzt die Bahnrad-WM oder die Eishockey-WM 2014 weiter in der Diskussion bleiben.

Viola von Cramon, die sportpolitische Expertin der Grünen im Bundestag und deren Sprecherin für die EU-Außenbeziehungen, kritisiert die WM-Vergaben an Weißrussland scharf. Man wisse natürlich “wie repressiv Lukaschenko auch in seinem Land regiert, wie er die Opposition unterdrückt.” Dieses Großereignis werde ausschließlich dazu genutzt, die Macht von Lukaschenko zu zementieren, zu stärken.

So sieht das auch das Regierungsmitglied Ronald Pofalla. Der Kanzleramtsminister wurde schon im März letzten Jahres vor dem Bundestag ungewohnt deutlich. “Ich wünsche mir”, sagte Pofalla damals, “dass diese Eishockey-Weltmeisterschaft in ein anderes Land verlegt wird.” Zu dieser Aussage lässt das Kanzleramt ausrichten, stehe er auch heute noch.

Verlegung ausgeschlossen

Eine Verlegung der WM sei allerdings ausgeschlossen, heißt es von Seiten des internationalen Eishockeyverbands. Der sitzt in einer Villa im Zentrum von Zürich. Präsident Rene Fasel will eigentlich gar keine Interviews mehr geben, ist die Diskussion leid. Fasel betont nur, dass Weißrussland ein Eishockey-Land sei und das Recht habe, eine WM zu organisieren. “Und es ist nicht die Aufgabe des Sports, irgendwie einen politischen Druck auszuüben auf irgendetwas, das normalerweise die Politiker lösen sollen.”

Der Präsident des Welt-Radsportverbandes, Pat McQuaid, hat bisher gar nichts zur Kritik an der Bahn-WM gesagt. In Weißrussland aber ist jedes Sportgroßereignis politisch, die Bahnrad-WM, vor allem aber Eishockey. Für das Turnier im Mai 2014 wird am Stadtrand gerade eine weitere Halle gebaut, für knapp 10.000 Zuschauer. Obwohl es schon acht Eishockey-Hallen gibt, alleine in Minsk. 31 sind es in ganz Weißrussland.

Diskussionen fortsetzen

Menschenrechte gelten hier wenig. Die letzte legale Menschenrechtsorganisation in Weißrussland – von der EU unterstützt – ist das Helsinki Komitee. Deren Vorsitzender Garry Pogonyaylo, schon des Öfteren inhaftiert, stellt klar, dass der Staat, also Präsident Lukaschenko, das Komitee jederzeit verbieten könne. “Dieses Regime ist verantwortlich für extreme Menschenrechtsverletzungen, sperrt Politiker ein, verbietet Massendemonstrationen. Freiheit gibt es in Weißrussland so gut wie nicht. Sportereignisse wie die Eishockey-WM sollten hier deshalb nicht stattfinden. Die WM sollte in ein demokratisches Land verlegt werden.”

Weißrussland steht also weiterhin am mehr oder weniger öffentlichen Pranger. Dass die Bahn-WM jetzt in Minsk stattfindet, hatte der Weltradsportverband übrigens mitten in der öffentlichen Aufregung um weißrussische Hinrichtungen bekannt gegeben. Und schon 2009 veranstaltete die UEFA hier ihre U19-Frauen-Europameisterschaft. Diskussionen gab es jeweils keine. Aber das sollte sich ändern, Sportgroßereignisse haben in einem Staat, in dem Klatschen auf der Straße verboten ist, weil das ja zu Aufruhr führen könnte, nichts zu suchen.

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Eigentlich könnte doch alles so schön sein. Spanien, dieses Sportwunderland, möchte die Olympischen Spiele 2020. Mitte März war das Internationale Olympische Komitee (IOC) da, um die vorgesehenen Sportstätten zu besichtigen. Die IOC-Gesandten schauten sich das Bernabeu-Stadion von Real Madrid an und die Stierkampfarena der Stadt. Dort soll 2020 Basketball gespielt werden. Überdacht. Das IOC war zufrieden, Spanien auch. Wenn da nicht diese eine Frage wäre, die schon bei der letzten Bewerbung um die Olympischen Sommerspiele 2016 Madrid die Chancen verhagelt hat: Wie ernst nimmt es Spanien mit dem Anti-Doping-Kampf?

Nicht nachgefragt

Der Prozess gegen den vermeintlichen Dopingarzt Eufemiano Fuentes spielt dabei eine große Rolle. Das Urteil wird erst in ein paar Wochen bekannt gegeben werden. Aber schon jetzt – mit Abschluss der Beweisaufnahme – steht fest: Fuentes hat auch Nicht-Radsportler betreut, wie er im Prozess offen zugab. Er habe “einen Radfahrer von einem Radsportteam, einen Fußballer einer Fußballmannschaft, einen Tennisspieler, einen Boxer, einen Leichtathleten” als Kunden gehabt, sagte Fuentes, ohne eine Miene zu verziehen. Nur leider hatten weder die Staatsanwältin noch die Richterin gesteigertes Interesse zu erfahren, wen er wie genau betreut hatte. Auch weil Fuentes wegen einer – so wörtlich – “Gefährdung der öffentlichen Gesundheit” und nicht wegen Dopings angeklagt ist.

Auch die WADA will mehr wissen

Trotzdem hätte man nachfragen können, sagt Ignacio Arroyo. Der Anwalt vertritt das Nationale Olympischen Komitees Italiens (CONI), das als Nebenkläger im Prozess auftritt. Die italienischen Dopingjäger wollen erreichen, dass die Identität aller Fuentes-Kunden offengelegt wird, möglicherweise auch die Namen italienischer Sportler. Arroyo war bisher im Prozess der eifrigste Kritiker und Nachfrager. Ziemlich schade und enttäuschend sei es gewesen, “dass die Richterin nicht nachgefragt hat. Ich denke, sie hätte sich für die ‘wirkliche Wahrheit’ interessieren sollen – nämlich welche Kunden Fuentes hatte”, sagt Arroyo. Das ist eine Frage, die sich verwundert auch die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) stellt. Ihr Generaldirektor David Howman sagt, der WADA sei 2006 klar gesagt worden, welche Sportarten in den Fuentes-Fall involviert seien, nämlich “Boxen, Leichtathletik, Tennis, Fußball und Radsport. Das wurde uns von den spanischen Behörden gesagt. Bisher wurde nur über den Radsport gesprochen, aber das ist falsch.”

Gesetz ohne viele Neuerungen

Spanien hat also weiterhin ein Imageproblem. Dagegen soll nun ein neues Anti-Doping-Gesetz helfen, das im Sommer vom Parlament verabschiedet werden soll. Nur, was ist es wert? Bei der spanischen Generalstaatsanwaltschaft ist Gonzalo Camarero zuständig für das neue Gesetz. Extrem kompliziert ist es. Viel soll es bewirken, jedoch räumt selbst Camarero ein, dass es “grundsätzlich im neuen Gesetz keine großen Veränderungen zum alten” gebe. “Man versucht lediglich, die spanische Gesetzgebung dem Welt-Anti-Doping-Code anzupassen. Natürlich kann dabei auch das enorme Interesse eine Rolle spielen, Olympische Spiele nach Spanien zu holen.”

Keine strafrechtliche Verfolgung der Dopingsünder

Das Gesetz sehe mehr Kompetenzen für die Nationale Anti-Doping-Agentur vor, sagt Camarero, Geldstrafen für Dopingsünder, höhere Sanktionen bei wiederholten Dopingvergehen. Nur der dopende Sportler selbst kann weiterhin nicht strafrechtlich verfolgt werden. Obwohl das viele im Anti-Doping-Kampf in Spanien fordern. So sagt CONI-Anwalt Ignacio Arroyo, Spanien könne durchaus mehr tun: “Jeder Richter in Spanien kann Vorschläge für Gesetzesverbesserungen machen. Der Fuentes-Prozess ist deshalb eine große Chance, das neue Gesetz noch zu verbessern und wie in Frankreich und Italien auch Sportler strafrechtlich zu verfolgen.” Es ist jedoch eher unwahrscheinlich, dass die Richterin diese Anregung aufgreift.

Anti-Doping-Chefin gibt sich entschlossen

Spanien wird als Sportwunderland gefeiert: Fußball-Welt- und Europameister, die erfolgreichen Renommierclubs FC Barcelona und Real Madrid, Handball-Weltmeister, Basketball-Europameister, Tennis-Ass Rafael Nadal, Formel-1-Star Fernando Alonso … Spanien gilt aber auch als Land des Dopings. An die 60 Dopingrazzien gab es in den vergangenen Jahren. Spaniens Image hängt deshalb auch von der Chefin der spanischen Anti-Doping-Agentur ab. Ana Munoz ist bisher hochgeachtet, und sie wird deutlich: “Am Tag, an dem der Fuentes-Prozess endet, werde ich als Chefin der spanischen Anti-Doping-Agentur die Richterin auffordern, mir alle Dokumente, Beweise und die Blutbeutel zu übergeben. Und dann werden wir nicht aufhören, alles zu unternehmen, um die Doper zu bestrafen.” Das würde am Ende wahrscheinlich nicht nur Spaniens Image, sondern vielleicht auch der Bewerbung Madrids um die Olympischen Spiele 2020 helfen. Bis es soweit ist, bleibt das Imageproblem im Wunderland.

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dw.de

Sie nennen sie die Perle im Indischen Ozean. Die Insel, wo der vielleicht wichtigste Sportverband der Welt, die FIFA, sich neu erfinden wollte. Irgendwo hinter Madagaskar, dort wo der Pfeffer wachsen soll und die Reformen wohl gleich mit: Mauritius, Kongresszentrum. Der Weltfußballverband hat eingeladen, wie immer einmal jährlich zum Treffen seiner 209 Mitgliedsverbände. Aber dieser Kongress sollte ein besonderer werden – für die FIFA, die Welt und für den seit 1998 amtierenden Präsidenten Joseph S. Blatter.

“Haben dem Sturm getrotzt”

Also sagt dieser zum Beginn des Kongresses, es sei das wichtigste Treffen der Geschichte. Und, dass man hier den Reformprozess abschließen wolle. Interessant denkt man sich und lauscht weiter. “Und als ihr Kapitän sage ich, wir haben dem Sturm getrotzt.” So sieht das aber wohl nur die FIFA. Korrupte Vorstandsmitglieder, Vorwürfe des Stimmenkaufs rund um die WM-Vergaben – selten hat der Fußball in drei Jahren so viele Korruptionsgeschichten auf einmal verkraften müssen. Trotzdem meint der Präsident Blatter nun, die FIFA setze neue Standards in der weltweiten Korruptionsbekämpfung. Doch davon kann keine Rede sein.

Anträge im Vorfeld verschoben

Fast alle Vorschläge des von ihr selbst beauftragen externen Beratungsgremiums IGC (Independent Governance Committee) wurden schon im Vorfeld abgelehnt oder verschoben. Externe Mitglieder im Vorstand, externe Überprüfung der Vorstandsmitglieder, nein, sagt die FIFA. Offenlegung der Gehälter und Boni des Vorstandes und des Präsidenten, auch hier gab es keine Einigung.

“Spektakuläre Fortschritte”

Trotzdem fand sich nur eine einzige kritische Wortmeldung im Kongress. “Es ist unglücklich, dass wichtige Reformen aus politischen Gründen zur Seite geschoben wurden”, sagte Mark Pieth, Vorsitzender des IGC und Anti-Korruptions-Experte. “Derzeit müssen wir erkennen, dass wir eher am Anfang als am Ende der Reform sind. Die FIFA-Offiziellen müssen sich zu dieser Reform bekennen.” Allerdings revidierte selbst Pieth seine Aussage später wieder und sprach auf der Abschluss-Pressekonferenz plötzlich von “spektakulären Fortschritten”.

Nur welche? In Mauritius wurde erstmals eine Frau in den Vorstand gewählt. Im 21. Jahrhundert kann das allerdings als überfällig bezeichnet werden. Außerdem entscheidet künfit der FIFA-Kongress über die Vergabe einer Fußball-Weltmeisterschaft und nicht mehr nur der 24-köpfige Vorstand. Korruption wird dadurch deutlich erschwert.

“Es ist einiges gelungen”

Am Ende wurde allerdings auch noch der letzte verbliebene Reformpunkt des IGC verschoben, die Amtszeitbegrenzung und Altersgrenze für den schon seit 1998 amtierenden Präsidenten oder den Vorstand. “Man kann sich jetzt nicht in die Arme fallen und sagen, wir haben alles geschafft”, fand DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. “Aber es ist doch einiges gelungen, so dass man sagen kann, wir sind auf dem richtigen Weg.“

Und auch der einflussreiche Präsident der europäischen Fußball-Union UEFA, Michel Platini, selbst Mitglied des FIFA-Vorstands, wies jegliche Kritik zurück und sagte, man könne ja nicht alle Vorschläge akzeptieren: “Der Vorstand diskutiert und entscheidet, so ist es!”

Machtkampf aus Mauritius

Hinter den Kulissen tobte in Mauritius schon der Machtkampf zwischen Platini und Amtsinhaber Blatter. Wer tritt an fürs FIFA-Präsidentenamt 2015? Noch wollte sich keiner äußern. Platini und die UEFA wollten die Amtszeitbegrenzung nur für den Präsidenten und nicht für den Vorstand, da die UEFA im FIFA-Vorstand selbst zu viele Mitglieder hat, die von einer Amtszeitbegrenzung hätten betroffen sein können. Da schadet man lieber dem politischen Gegner, als seine eigenen Leute zu gefährden. Es war ein durchsichtiger und dazu noch unsinniger Vorschlag und zugleich ein Affront gegen Blatter. Der ließ auch diesen Reformpunkt einfach platzen und aufs nächste Jahr verschieben.

Mauritius und die FIFA. Ein Kongress, der Großes bewirken sollte und für das Image der Fußballwelt wenig gebracht hat. Kleine Reformen nach großer Ankündigung.

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Sportschau.de

Ludwig Hartmann: “Wir sehen keine Perspektive in der Olympia-Bewerbung. Die finanziellen Aus- und Nebenwirkungen der Spiele sind enorm. Sie müssen als Veranstalter Knebelveträge des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) unterschreiben. Da steht zum Beispiel die Steuerfreiheit für das IOC drin. Man muss sich das so vorstellen: Wir versuchen weltweit die Steueroasen auszutrocknen, das IOC holt sich die Steueroasen in jedes Austragungsland von Olympischen Spielen. Das kann man als Demokrat so nicht mittragen.”

Die Befürworter sagen, Olympische Spiele bekommt man eben nur nach den Regeln des IOC. Olympia bringe ja auch Aufsehen, Touristen und internationale Anerkennung.

Hartmann: “Wenn das so wäre, müssten ja Dutzende Bewerber Schlange stehen für die Olympischen Winterspiele 2022. Aber eigentlich gibt es nur zwei ernsthafte Bewerber, München und Oslo. Das ist doch ein Armutszeugnis. Und wenn München sich wirklich bewerben sollte und dann die Spiele bekäme, dann müsste man sicherlich mal bis zur letzten Instanz durchklagen, um zu überprüfen, ob dieser Ausrichtervertrag des IOC wirklich rechtlich haltbar ist.”

Wieso nicht?

Hartmann: “Ein Vertrag, der einseitig alle Lasten und Kosten auf den Ausrichter der Spiele abwälzt, und sogar dem IOC nach Vertragsabschluss ermöglicht, den Vertrag einseitig zu verändern, der ist nach meiner Auffassung sittenwidrig.”

Sagen Sie, Olympische Spiele würden überhaupt nichts bringen?

Hartmann: “Ich glaube nicht an einen Mehrwert. Einen Langzeiteffekt von Olympia gibt es nicht. Wenn man im Bayerischen Landtag über Olympia diskutiert und die Kollegen fragt, wo waren die vorletzten Winterspiele, dann ist es ruhig, keiner weiß es mehr. Und wenn man dann fragt, wer denn deshalb nach Turin gefahren sei, meldet sich auch keiner.”

Aber es sollen die “nachhaltigsten Spiele aller Zeiten“ werden.

Hartmann: “Naja, bei der Nordischen Kombination beispielsweise wäre man wieder auf eine temporäre Anlage in Ruhpolding angewiesen. Warum nutzen wir die Eishalle in Inzell nur für Medienvertreter und nicht Eisschnelllauf. Es heißt zwar immer wieder, elf der 16 Sportstätten sind schon vorhanden. Aber die letzten Jahre im Spitzensport haben eindeutig gezeigt, das heißt noch lange nicht, dass die heute bestehenden Anlagen 2022 noch die richtigen sind. Und ich sage Ihnen schon jetzt, da wird sich noch einiges ändern. Alleine bei der letzten Bewerbung Münchens für die Winterspiele 2018 hat sich in drei Jahren soviel geändert – das jetzige Konzept wird sicher nicht das letzte sein.”

Immerhin werden jetzt angeblich 40 Prozent weniger Fläche in Garmisch-Patenkirchen für mögliche Olympische Spiele benötigt als bei der letzten Bewerbung für 2018.

Hartmann: “Ja, aber schauen wir auf den Klimawandel. Wir reden hier von Garmisch-Patenkirchen, also von einer Höhe von 700m. Eine Schneesicherheit für 17 Tage Ende Januar 2022 zu garantieren ist nur mit einem gewaltigen Energieeinsatz möglich. Man muss nur jetzt nach Garmisch rausfahren, da sieht man, das Wasser für die Schneekanonen wird künstlich gekühlt. Die Schneekanonen müssen bald beheizt werden, damit sie nicht einfrieren. Es ist absurd geworden. Das ist der falsche Weg. Die Olympischen Winterspiele sind ein massiver Eingriff in die Alpen.”

Das Interview führte Florian Bauer.

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sportschau.de

Christian Ude: “Zunächst einmal wäre es gut für Deutschland und natürlich auch für Bayern. Und wir in München wissen ganz besonders, wie gut sich Olympische Spiele auswirken. Da wird die Infrastruktur aufgebessert, da werden auch viele Schritte nachgeholt, die längst erforderlich gewesen wären. Und es werden Sporteinrichtungen geschaffen, von denen man jahrzehntelang profitieren kann.”

Was zeichnet die Bewerbung aus Ihrer Sicht aus?

Ude: “Die Münchner Bewerbung ist das Nein zum Gigantismus, wie wir es in Sotschi gerade sehen. Was da im Bergbereich alles betoniert wird, hat mir die Sprache verschlagen. In München ist das Stadion ja schon da, das neue Olympische Dorf wird dringend gebraucht, weil wir nichts nötiger haben als Wohnungen in München. In Garmisch-Patenkirchen und im Berchtesgardener Land sind fast nur Wettkampfstätten vorgesehen, die es schon gibt.”

Wenn aber Wohnungen im Areal des für 2022 vorgesehenen Olympischen Dorfes so dringend benötigt werden, warum entwickeln Sie es dann nicht schon vorher?

Ude: “Das ist Areal des Bundesverteidigungsministeriums. Und das Ministerium würde diese Areale niemals hergeben, wenn nicht der Entscheidungsdruck durch Olympische Spiele bestünde, an denen gerade der Verteidigungsminister ein besonderes Interesse hat, wenn man daran denkt, wie viele Bundeswehrangehörige an Winterspielen teilnehmen. Nur bei einer Aufgabe von nationalem Interesse haben wir eine Chance, an das Areal heranzukommen.”

Bei der letzten Bewerbung für die Winterspiele 2018 war München chancenlos gegen das südkoreanische Pyeongchang. Warum soll es diesmal klappen?

Ude: “Wir haben bei der ersten Bewerbung für 2018 einen Nachteil zähneknirschend in Kauf genommen, dass das Bauvorhaben in Garmisch unbestritten sehr groß war, damit wir ein kompaktes Bewerbungskonzept liefern konnten. Jetzt haben wir nicht mehr Südkorea als Mitbewerber und können uns hier etwas mehr erlauben und haben eben auch Ruhpolding mit Biathlon und Langlauf in die Bewerbung miteinbezogen.”

Etwas mehr erlauben?

Ude: “Das ist ja ganz offensichtlich. Wir haben ja gesehen, was der Wunsch des Internationalen Olympischen Komitees für 2018 war, das war der Wunsch nach kompakten Spielen.”

Man muss also auf das IOC eingehen, wenn man gewinnen will?

Ude: “Ja sicher, das war ein Wunsch des IOC. Jetzt haben wir mehr Freiraum und können vorhandene Sportstätten in Ruhpolding miteinbeziehen in die Bewerbung.”

Das IOC bestimmt also die Spielregeln. Sie selbst haben den Ausrichtervertrag, den Sie für Olympische Spiele unterschreiben müssten, als ‘Zumutung’ bezeichnet. Wie können Sie ihn dann akzeptieren?

Ude: “Es gibt eben nur ein Olympisches Komitee, das Olympische Spiele auf diesem Globus vergibt. Daraus ergibt sich eben, dass es bei Verhandlungen einen längeren und einen kürzeren Hebel gibt. Ich bin als Rechtsanwalt und Bürgermeister auch lieber am längeren Hebel. Wenn also eine Stadt Olympische Spiele ausrichten will, dann kann sie eben nicht wie gegenüber einem Konzertveranstalter sagen, was in der Stadt vorgeschrieben ist, sondern sie muss einen Weg finden, mit dem IOC handelseinig zu werden. Und darum bemüht man sich eben nur, wenn die Vorteile eines Olympischen Ortes die finanziellen Lasten überwiegen.”

Aber ist es dann nicht an der Zeit, dem IOC mal die Stirn zu bieten?

Ude: “Selbstverständlich. Ich bin ja der erste Oberbürgermeister, der bei Fußball-Länderspielen gesagt hat, wir nicken nicht einfach nur ab, was sich der Fußball-Weltverband FIFA gewünscht hat, sondern wir müssen verhandeln, was wirklich zumutbar ist. Auch die Sportministerkonferenz sagt ja, wir brauchen eine neue Balance von internationalen Sportverbänden und Ausrichtern. Aber da kann man sich nicht durchsetzen, wenn man sagt, ohne uns, wir spielen da nicht mit.”

Trotzdem müssen Sie bei möglichen Winterspielen 2022 alle Kröten schlucken, die das IOC Ihnen serviert.

Ude: “Also wir haben bisher keine Kröte geschluckt, die uns nicht als vertretbar erschien. Aber hier kann man doch nur etwas verbessern, wenn man am Dialog teilnimmt.”

Aber es ist ja kein Dialog.

Ude: “Es gibt sehr wohl einen Dialog. Und ich sage auch, München hat von den Olympischen Spielen, die es 1972 schon einmal ausrichten durfte, ausschließlich profitiert, und zwar bald ein halbes Jahrhundert lang.”

Sie haben also keine Sorgen, dass am Ende Olympische Spiele 2022 einen Nachteil für München und die Umgebung hätten?

Ude: “Die finanziellen Risiken sind kaum irgendwo so gut abschätzbar wie hier, weil wir schon einmal Olympia hatten und die größten Teile der Infrastruktur und der Sportstätten schon vorhanden sind. Außerdem haben wir gezeigt, dass wir auch andere internationale Sportgroßereignisse wie die Ski-WM in Garmisch oder Rodel-Wettbewerbe im Berchtesgardener Land im Griff haben. Und wenn arme Länder sagen, dass sie sich Olympische Spiele nicht leisten können, dann ist das ein richtiger Hinweis, das kann ich nur unterschreiben. Aber es nicht einzusehen, warum Deutschland aus finanziellen Gründen auf die Ausrichtung von besonders günstigen Spielen verzichten sollte.”

Das Interview führte Florian Bauer.

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sportschau.de: Herr Heijnen, an diesem Wochenende startet in Australien die Formel-1-Saison 2013. Immer wieder wurde Kritik an der Rennserie laut. Sie selbst haben jahrelang im Auftrag der Automobilhersteller in der Formel 1 an einer Nachfolgeserie gearbeitet, gelten als Insider, in welchem Zustand ist die Formel 1 heute?

Xander Heijnen: “Die Hersteller hatten damals 2005 vier konkrete Ziele einer neuen Serie: mehr Transparenz, mehr Stabilität, eine fairere Verteilung der Einnahmen und mehr Zuschauer, und glücklichere Zuschauer. Das hat sich bis heute schon enorm stark verbessert. Ist es schon perfekt? Nein, klares Nein. Der Zustand der Formel 1 ist aus sportlicher Sicht sehr gut. Es gibt viele unterschiedliche Sieger, spannende Rennen, genügend Überraschungsmomente. Aber die Formel 1 hat viele Probleme.”

Welche?

Heijnen: “Da sind die Teams. Viele können sich die Formel 1 kaum noch leisten. Es gibt keine Nachhaltigkeit in der Planung der Teams, viele sind abhängig von einem Sponsor. Und das Problem in der Formel 1 ist, dass es das Gesetz des Dschungels gibt. Jeder ist sich selbst der Nächste. Und auch wenn die Teams solidarisch sein sollten, wenn es darum geht, mehr abzubekommen von den Einnahmen, können sie gut damit leben, wenn andere Teams kaputt gehen. Weil sie wissen, das ist ein Team weniger, das mir Punkte und Geld wegnehmen kann. Da muss ein Umdenken stattfinden. Und die Teams müssen bereit sein, ihre Kosten zu senken. Sonst werden ihnen auch höhere Einnahmen nichts helfen, sie werden sie immer ausgeben.”

Die großen Teams wie Ferrari und RedBull wollen also ihren finanziellen Vorteil nicht aufgeben? Sie wollen gewinnen und ihnen ist es egal, ob andere Teams und die Spannung des Sports darunter leiden, wenn einige nicht mithalten können?

Heijnen: (Pause)

Kann man es so sagen?

Heijnen: “Das würden die Teams nie zugeben. Aber bisher fehlt der Beleg dass es anders ist.”

Welche weiteren Probleme sehen Sie in der Formel 1?

Heijnen: “Die Rennstreckenbesitzer zahlen bis zu 50 Millionen Dollar für ein Formel-1-Rennen. Ich frage mich, wie lange das noch so funktioniert. Die Rennstrecken haben noch zwei Einnahmequellen. Einerseits die Tickets. Und da sie nicht mehr Tribünen bauen dürfen, müssen sie die Tickets teurer machen. Und zweitens Steuereinnahmen. Viele Grand Prixs sind ohne Steuerfinanzierung gar nicht mehr denkbar.”

Neuer Abschnitt

Es kann doch keine Arbeitsgrundlage sein, dass Formel-1-Rennen quasi nur noch durch Finanzierung des Staates stattfinden?

Heijnen: “Ich will nicht sagen, dass es nicht einen Grand Prix gibt, bei dem es nicht vernünftig sein kann für den jeweiligen Staat, ein Formel-1-Rennen zu finanzieren. Beispielsweise um Aufmerksamkeit zu bekommen. Was mich eher beunruhigt ist, dass die Ticketpreise immer weiter steigen und dadurch die Familien, die Kinder und Jugendlichen nicht mehr kommen können. Und wenn man den Anschluss an die Jugend verliert, frage ich mich, wer wird in zehn, 20 Jahren noch so begeistert sein wie die aktuelle Generation.”

Aber ist es nicht auch ein Problem, dass viele traditionelle Rennstrecken wie Magny-Cours nicht mehr im Formel-1-Kalender sind, weil die Staaten sich die Subventionen nicht mehr leisten konnten?

Heijnen: “Das ist bedauerlich, ja.  Es ist aber auch ein wichtiges Signal an die Formel 1 und deren Chef Bernie Ecclestone. Bis hierhin und nicht weiter. Man kann nicht ungestraft immer dem Meistbietenden hinterherlaufen und die Traditionsmärkte vernachlässigen.”

Bernie Ecclestone wird sagen, das geht. Nächstes Jahr findet erstmals ein Formel-1-Rennen in Russland statt.

Heijnen: “Bisher mag das gehen. Aber ich mache mir Sorgen, dass irgendwann die Einnahmen einbrechen und dann viele Teams noch schlechter dastehen.”

Bernie Ecclestone scheint es auch nicht zu stören, in demokratisch fragwürdige Länder zu gehen. 2011 wurde der Grand Prix von Bahrein nach politischen Unruhen erst in letzter Sekunde abgesagt. Sie arbeiten heute für eine Kommunikationsagentur, ist das nicht schlechte Publicity?

Heijnen: “Der Sport wurde immer schon gerne für Propaganda-Zwecke missbraucht. Das ist mit der Formel 1 nicht anders als in anderen Sportarten. Hat die Formel 1 da in der Vergangenheit mehrfach unglücklich agiert? Klares Ja. Klares Ja. Ist das in der aktuellen Struktur zu vermeiden? Ich glaube kaum. Gerade weil so viele Staatsgelder sicherstellen, dass die Maschine weiterläuft, wird es immer schwieriger, denen Nein zu sagen.”

Weil man das Geld der Rennstreckenbesitzer natürlich einnehmen möchte?

Heijnen: “So ist es. Und Bernie Ecclestone will sich auch nicht mit diesen Staaten anlegen. Man verliert Einfluss. Das hat langfristige Folgen.”

Was ist also der Stil von Bernie Ecclestone, der die Formel 1 ja über die letzten 40 Jahre erst zu dem gemacht hat, was sie heute ist, ein Milliardengeschäft?

Heijnen: “Sehr opportunistisch, sehr aggressiv, leben für den nächsten Deal, nicht langfristig an alle Zielgruppen denken. Was bringt kurzfristig das meiste Geld? Und vor allem, ohne dabei Macht zu verlieren. Wenn er entscheiden kann zwischen Geld und Macht versus dem Sport wird er lieber Geld und Macht nehmen.”

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Gut drei Monate sind es noch bis zu den Olympischen Sommerspielen (27.07. – 12.08.2012) in London. Und natürlich stehen dann nicht nur die Wettbewerbe an sich, sondern auch die Sauberkeit der Spiele im Blickpunkt. Wieder einmal soll es so viele Dopingkontrollen geben, wie – angeblich – nie zuvor: 6.500 sind geplant. Aber wie ernst nimmt es das Internationale Olympische Komitee (IOC) wirklich mit der Dopingbekämpfung?

Es lohnt ein Blick zurück. Die Olympischen Spiele in Athen 2004 sind olympisches Neuland. Erstmals werden die Dopingproben der Olympischen Spiele eingefroren – und seitdem Proben aller Olympischen Spiele. Acht Jahre lang können sie danach mit neuen oder verbesserten Nachweismethoden für Dopingsubstanzen nachgetestet werden. So sieht es der Welt-Anti-Doping-Code vor.

Über 15.000 olympische Dopingproben von vier Olympischen Spielen lagern im Schweizer Anti-Doping-Labor in Lausanne. Von Athen 2004, Turin 2006, Peking 2008 und Vancouver 2010.

Proben von Athen vor Vernichtung

Die Proben von Athen 2004 werden in gut drei Monaten vernichtet, und ersetzt durch die Dopingproben von London. Doch nach Informationen der ARD-Dopingredaktion wurden die Proben bis heute nie nachgetestet. Nie genutzt. Seit acht Jahren.

3.667 Urin- und Blutproben lagern seit acht Jahren also in Lausanne, ohne dass etwas passiert ist. Es ist ein Skandal, ein Skandal der vergebenen Chance, der vergessenen Proben.

Der Chef der medizinischen Kommission des Internationalen Olympischen Komitees, Arne Ljungqvist, ist zuständig für die Nachtests. Er sagt nur auf die Frage, warum die 2004er Proben von Athen nicht nachgetestet wurden: “Warum hätten wir das tun sollen? Auf was sollten wir denn nachtesten? Die Methoden damals waren gut genug. Wir haben keine Informationen, dass damals irgendwas genommen wurde, das wir nicht testen konnten.”

Neue Testverfahren

Das sehen Experten ganz anders. Viele Laborleiter von IOC-akkreditierten Laboren verweisen auf ausreichend neue oder weiterentwickelte Testverfahren, die für Nachtests eingesetzt werden könnten. So auch Professor Mario Thevis vom Kölner Dopingkontrolllabor. Er war selbst für das IOC bei den letzten Olympischen Spielen. Er gilt als einer der anerkanntesten Dopingforscher weltweit und erklärt, wie man sich das vorstellen könne: “Zum damaligen Zeitpunkt wurde ein Medikament eingenommen und in einem gewissen Zeitraum, etwa sieben bis 14 Tage vor den Spielen wieder abgesetzt. Das wäre damals 2004 in den Tests vor Ort nicht aufgefallen. Heutzutage können wir bei Nachanalysen mit deutlich verbesserten Methoden dieses Medikament oder Rückstände auffinden.“

Auch der Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) im kanadischen Montreal ist überrascht von den ARD-Recherchen und von der Reaktion des IOC. David Howman verweist darauf, dass seine Agentur seit 2004 mehr als 50 Millionen Dollar in die Verbesserung von Dopingnachweisverfahren investiert habe. “Und zwar, weil wir Dopingsubstanzen besser nachweisen wollen. Und heute sind die Tests viel besser. Wenn man die besseren Tests also auf die Proben von 2004 anwendet, dann ist doch klar, dass es wahrscheinlich ist, dass man bei Nachtests positive Fälle findet”, erklärte Howman.

“Komplette Farce”

Am 18. Mai tagt das Exekutivkomitee der Welt-Anti-Doping-Agentur. Dem will David Howman empfehlen, dem IOC sofort Nachtests vorzuschlagen. Denn am Ende muss das IOC selbst – als Besitzer der Proben – entscheiden, ob doch noch nachgetestet wird. Das legt auch Richard Pound, selbst Mitglied des IOC, seinen Kollegen nahe. In Montreal sagt er: “Im Sommer bei den Spielen in London wird es zu spät sein, dann sind die acht Jahre rum. Wir sollten jetzt die neuen Nachweistechniken nutzen. Da gibt es wahrscheinlich einiges zu finden. Selbst wenn nicht, sollten wir es als IOC trotzdem tun, sonst wäre das doch eine komplette Farce gewesen, dass wir das alles so lange gelagert haben.”

Die Zeit läuft ab für das IOC. Über 3.000 Dopingproben warten auf ihre Vernichtung oder doch noch darauf, nachgetestet zu werden. Jetzt ist das IOC am Zug.

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